Deutschland – 16.07.11

16. Juli

Das Ehepaar Klaus und Margrid Gabel aus "Rehfeld"
Das Ehepaar Klaus und Margrid Gabel aus "Rehfeld"
Klaus Gabel, mein netter Zimmernachbar im Klinikum Kyritz überreicht uns als "Wegzehrung" einen Eimer frischgepflückte Schattenmorellen
Klaus Gabel, mein netter Zimmernachbar im Klinikum Kyritz überreicht uns als "Wegzehrung" einen Eimer frischgepflückte Schattenmorellen

Samstagmorgen, zehn vor Acht. Wir zuckeln sehr mühsam im Fußgängertempo durch die Kyritzer Innenstadt. Barbara ist unentwegt am Fluchen, weil wir nicht gut vorankommen und sie natürlich wieder einmal auf ihrem ungefederten Sitz kräftig  durchgeschüttelt wird. Wir haben ein erstes Ziel, nur 9 km von der Stadt entfernt.

Klaus Gabel, meinem netten Zimmergenossen in der Klinik habe ich versprochen, auf der Weiterreise gen Westeneinen kleinen Schlenker zu machen, um mich noch einmal von ihm und seiner sympathischen Frau Margrid zu verabschieden. Rehfeld heißt das Örtchen, wo beide am Ortseingang zuhause sind. Kurz vor Neun sind wir vor Ort. Die Sonne scheint. Beide stehen schon auf der Straße und winken und fotografieren. Wir springen ab und begrüßen die Eheleute Gabel.

Die beiden überreichen uns als besondere Wegzehrung einen ganzen dicken Eimer voll Schattenmorellen, frisch gepflückt und sonnengereift. Wir freuen uns sehr über dieses köstliche Naturprodukt von ungespritzten Bäumen. Und dazu bekommen wir noch ein großes Glas Schattenmorellenmarmelade. Als kleine Gegengabe habe ich Klaus eine Dose Cashews-Nüsse mitgebracht und ein paar Prospekte aus unserer Heimat. Er hatte mir erzählt, dass er bis dato nicht wusste, dass es solche leckeren, gesalzenen Nüsse gab. Ich wünsche beiden einen recht schönen versalzenen Knabberabend, was sie mit einem Grinsen gerne annehmen.

Ein großes Storchennest gegenüber der Landstraße weckt unsere Neugier. Drei Jungstörche werden gerade von einem Alttier gefüttert.

Idyllisch! Dann geht’s weiter in Richtung Elbe.

Der Klapperstorch hat auch in Westbrandenburg Hochsaison
Der Klapperstorch hat auch in Westbrandenburg Hochsaison
Kein Vergnügen! Über eine Stunde mit max. 7 km/h zur Fähre über die Elbe
Kein Vergnügen! Über eine Stunde mit max. 7 km/h zur Fähre über die Elbe

 

Wir fahren durch Orte, deren Namen uns sehr fremd vorkommen. Busch, Wilhelmsgrille, Müggenbusch, Pötzling und Kümmerpitz, um nur einige wenige zu nennen. Wir durchqueren die Hansestadt Havelberg und tuckern in Richtung Fähre weiter, um über die Elbe zu kommen. Da haben wir uns aber wieder mal einen tollen Weg ausgesucht. Über 5 km Kopfsteinpflasterstraße wackeln wir eine gute halbe Stunde im Schritttempo. In der Mitte der schmalen Straße ist das Pflaster mitunter sehr „erhaben“ und ich muss höllisch aufpassen, dass wir in den ausgefahrenen Spurrillen bleiben. Das nervt natürlich fürchterlich.

Am Fluss angekommen schaffen wir es gerade noch, als letztes Gefährt aufzufahren. Der Fährmann darf hier, anders als in Polen über die Weichsel 30 Tonnen statt nur 5 Tonnen laden. Schnell sind wir drüben. Uns erwartet dann eine Sechzigminutenrumpelfahrt über eine Distanz von 9 Kilometern über …Kopfsteinpflaster. Nur eine Ansiedlung liegt dazwischen, wo innerorts das Rumpeln noch einmal getoppt wird. Bis zu unserem Zielort „Arendsee“ sind es nur 98 km, also etwa 5 Stunden Fahrt.

Endlich eine geteerte Straße und für 10 Minuten eine erschütterungsfreie Weiterfahrt. Wir fahren über die Brücken der Kleinflüsse „Uchte“ und „Biese.“ Dann plötzlich ein Verkehrschild, das ausweist, dass die Direktverbindung nach Westen über die Stadt „Seehausen“ wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Damit ist unsere Planung erst einmal zunichte und wir werden gezwungen nach Süden über die Stadt „Osterburg“ zu fahren. Oje, das sind ja 20 km Umweg, also eine gute Stunde mehr.

Wir passieren die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt und befinden uns nun in der reizvollen Altmark. Sehr flach ist es hier oben im nördlichsten Zipfel von Sachsen-Anhalt. Die Dörfchen sind alle sehr sauber und die Häuser wirken mit ihren großen Vorgärten sehr gepflegt. Westlich an dieses Bundesland schließt sich Niedersachsen an und nördlich davon Mecklenburg-Vorpommern. Wir sehen Dörfer mit den Namen Tannenkrug, Düsedum und Giesenslage, bevor wir endlich in Osterburg ankommen. 

Und was erwartet uns da? Eine Umleitung, auch über 20 km, um nach Arendsee zu kommen. Wir sind halt heute Pechvögel. Ich fühle mich auch noch nicht stark genug, um einen ganzen Tag lang zu fahren. Aber nun stecken wir einmal fest und wollen ankommen. In Osterburg gehen wir in einen thailändischen Imbiss und nebenan im Edeka-Markt Getränke einkaufen. Eine Verkäuferin hat uns vom vortägigen Presseartikel erkannt, obwohl wir inzwischen fast 70 km von Wusterhausen entfernt sind. Es scheint auch eine überregionale Ausgabe der „Märkischen Nachrichten“ zu geben. Sie bekommt natürlich „exklusiv“ eine Visitenkarte von mir. Vor dem Markt steht ein schicker, neuer Citroen mit einer großen Aufschrift zu beiden Seiten. 

Mein erstes Bierchen im Hotel "Deutsches Haus" im Luftkurort Arendsee
Mein erstes Bierchen im Hotel "Deutsches Haus" im Luftkurort Arendsee
Welch ein "Reichtum!"
Welch ein "Reichtum!"

Hier wirbt ein hiesiges Autohaus professionell um neue solvente Kunden. „Ihr Autohaus Theuerkauf“ lesen wir ab. Ob es dort auch für kleines Geld Autos zu kaufen gibt?

Erst weit nach 15 Uhr gelangen wir, wieder über einen kurzen Holperweg an den gesuchten Campingplatz. 

Tamara, unsere Tochter und ihr Ehemann Karsten stehen am Straßenrand und winken. Sie sind auch gerade erst aus Kassel angekommen und hatten einige Male Stau auf der Autobahn und sind über 5 Stunden für nur 320 km gefahren. Die Freude ist groß, beide nach fast 4 Monaten wiederzusehen. Sie sind mit unserem Wagen, einem Chrysler PT Cruiser angekommen. Der muss ja nun auch mal bewegt werden, damit die Bremsen nicht einrosten. Ein hilfsbereiter Mitarbeiter lotst mich zwischen den engstehenden Kiefern zu unserem Stellplatz. Der schön angelegte Campingplatz erweist sich wieder mal als ein Glücksgriff. Die sanitären Anlagen sind sehr sauber.Es gibt einen Laden, ein Restaurant, Grillplätze, ein Camper-Kino, eine Seetribühne, Sportanlagen, einen FKK-Bereich, Bootsanlegestellen und einen Passagierdampfer auf dem See.

„Bereits 1952 begann der Ausbau der Grenzanlagen, der ab 1961 zur völligen Abriegelung der Grenze führte. Die gesamte Grenze wurde mit mehreren Grenzzäunen, PKW-Sperrgräben, Patrouillenwegen und Signalanlagen gesichert. Zusätzlich wurde ein 5-km-Sperrstreifen vor der eigentlichen Grenze zu Westdeutschland eingerichtet. 

Für die darin liegenden Städte und Dörfer galten strenge Regeln für den Alltag. Das Betreten des Sperrgebietes war nur mit Passagierscheinen, Besuche nur in Ausnahmefällen möglich. Auf Grund seiner Grenznähe hätte auch Arendsee im 5-km-Sperrgebier gelegen, was das Ende des Tourismusbetriebes bedeutet hätte, denn „Fremden“ und somit auch Touristen war der Aufenthalt im Sperrgebiet strengstens untersagt. Widerstand der Region, auch innerhalb der SED-Kreisleitung erreichte, dass Arendsee nicht zum Sperrgebiet wurde. So blieb zumindest ein Teil des Sees für ausgewählte Gäste und Einheimische zugänglich. Die Sperrgebietsgrenze verlief mitten durch den See.“ Soweit der kleine Ortsführer.

 www.luftkurort-arendsee.de

Unser Wochenenddomizil im Kiefernwald auf dem schönen Campingplatz in Arendsee
Unser Wochenenddomizil im Kiefernwald auf dem schönen Campingplatz in Arendsee
Frühstück mit den Kindern
Frühstück mit den Kindern

Für alles und jeden ist irgendwie gesorgt. Dieser Platz ist sehr zu empfehlen. Der See ist 5,54 Quadratkilometer groß und bis zu 52 Meter tief. In Skandinavien hätte er aber nicht mal einen Namen, da er für dortige Verhältnisse viel zu klein ist. Hier aber tummeln sich Hunderte von Campern am Badestrand. 

Aber auch hier bekommt man einen sogenannten Transponder, eine Art elektronischen Schlüssel mit Pfandhinterlegung, mit dessen Hilfe man Tore aufsperren kann, um zum See zu gelangen. – 

Die Kinder sind da und wir…sind glücklich. Wir haben uns viel zu erzählen und die Zeit rennt uns fast davon. Im Luftkurort „Arendsee“ gehen wir am frühen Abend im besten Haus am Platz essen. Ich fühle mich sehr matt und irgendwie erschöpft. War ja auch nicht so geplant, dass wir gleich wieder 8 Stunden unterwegs sind.

Über zig Umwege bekommen die beiden Nordhessen noch ein für eine Nacht zufällig leerstehendes Ferienhaus auf dem Campingplatz nur wenige Meter neben unserem Gespann. So sparen sie die Fahrt zu einem Hotel in der Stadt und wir haben mehr Zeit füreinander. 

Der Abend klingt mit einem Bierchen aus und wir verabreden uns für den Sonntagmorgen zum gemeinsamen Frühstück in unserem Bauwagen. Vom Seeufer klingen harte Klänge zu uns herüber. Es ist „Disco-Nacht“ und eine Hardrockband spielt auf. Ich schlafe sofort ein.

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