2. Juli
In der Nacht hat es stark geregnet. Der Sandplatz für Kurzcamper ist aufgeweicht und man trägt allen Schmutz ins Innere. Beim morgendlichen Laufen zum Sanitärgebäude werde ich immer größer und muss mir beim Eintreten ins Gebäude außen die Schuhe ausziehen. Um Neun geht’s im strömenden Dauerregen weiter nach Westen.
Der einsame Wischer hat auch schon ein besseres Blatt gehabt und gibt trotzdem sein Bestes. Es hört nicht auf. Mir ist kalt, obwohl ich eine dicke Fleecejacke anhabe. Die B 167 ist eine feine, gut ausgebaute Straße. Ganz gerade verläuft sie manchmal durch die schönen, alten, ehrwürdigen Alleen. Über Liebenwalde, Neulöwenberg, Hammer, Grieben, an Neuruppin vorbei nach Dabergotz, Kerzlin, Ganzer und Bückwitz gelangen wir ohne Probleme nach Wusterhausen. Ein wunderschöner Platz inmitten hoher Bäume an einem sehr langen, schmalen See gelegen entpuppt sich diese Übernachtungsmöglichkeit als ein echtes Schnäppchen. Wir sind am „Klempow-See“ angekommen ( www.camping-wusterhausen.de ). 22 km lang und nur 500 Meter breit. Es gibt aber nur eine freie Fläche, die für unsere 12 Meter Länge in Frage kommt. Die anderen Plätze sind parzelliert und ich müsste rückwärts hineinstoßen, was mir aber sicher nicht gelingen wird.
Die Managerin des ADAC-Platzes hat scheinbar Mitleid mit uns und weist uns diesen einzig möglichen Platz auf einer sauberen Rasenfläche zu. Nur 30 Meter weiter befinden sich die sanitären Anlagen. Im Hotel kann es sanitär nicht viel besser ausgestattet sein. Nebenan kann man sich für den nächsten Morgen Schrippen bestellen oder in der kleinen Gaststätte einen Imbiss einnehmen. Um zum See zu kommen, muss man aber einen Schlüssel mitnehmen. Nanu? Einen Schlüssel? Wir sind nicht mehr im Norden Europas und auch nicht mehr im Osten. Da waren alle Seen frei zugänglich. Aber es hat hier ganz sicher seine besondere Bedeutung mit dem Schlüssel.
10 km nördlich von hier liegt die 9000-Seelen-Stadt Kyritz an der Knatter. Ich kenne die ehemalige Kreisstadt nur von einem lustigen Schunkellied her, das bei uns im westdeutschen Fernsehen schon seit Jahrzehnten meist zu Sylvester zu hören war. Kyritz a.d. Knatter…gesungen von dem Barden Filbich. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ob dort die Knatter laute Geräusche von sich gibt? Im Moment aber kann ich alle diese Gedanken nicht gut weiter durchgehen. Wir erwarten Besuch aus der Heimat. Freunde! Ein Paar aus einem Nachbarort von Hofgeismar a.d. Deutschen Märchenstraße, aus dem Diemelort „Sielen“ will uns besuchen und eine Nacht hier in der Nähe verbringen.
Ich frage die Platzinhaberin um ein Zimmer nach und sie kann mir spontan sogar eine kleine Wohnung für die beiden anbieten, nur 100 Meter in Sichtweite des Bauwagens. Volltreffer! Gegen 17 Uhr gibt es dann ein großes, freudiges Hallo.
Wir schnacken ein wenig zusammen im Bauwagen und laden die beiden ins nahe Gasthaus zum Essen ein. Ich muss mich sehr zusammen nehmen. Ich friere wie ein Schneider und auch die leckere Currywurst schmeckt mir nicht wirklich. Schon um 21 Uhr lege ich mich zu Bett. Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten und schwanke beim Gehen. Der Kopf dröhnt, ich habe starke, anhaltende Durchfälle und fühle mich immer elender. Die Nacht ist furchtbar und an Schlaf ist nicht zu denken. Ich bin mehrmals durchgeschwitzt und warte auf den Sonntagmorgen. Das fehlte gerade noch. Es ist Wochenende und ich…der Starke wird krank. Das darf nicht wahr sein. Ich will das nicht und zittere mich in die ersten Morgenstunden.
Es regnet seit gestern Backsteine und mein Körper gehorcht mir nur noch zu 20 Prozent. Was ist bloß mit den restlichen Anteilen los?