Deutschland – 26. September

 

Um Sechs ist die Nacht herum. Ich wälze mich unruhig in meiner Koje herum. Um Sieben bin ich schon geduscht und rasiert und habe rund um „Tante Paula“ aufgeräumt. Um Acht bringt Barbara die “Badische Zeitung“ und zwei knackfrische Brötchen. Sieben Seiten sind dem Besuch des Heiligen Vaters gewidmet. Angemessen. Vieles, was ganz sicher nicht in der „Bild“ steht, wird hier kund getan. Lokalkolorit eben. Spannend bis zur siebten Seite und manchmal auch zum Schmunzeln. Auf der Achten dominiert Putin. Er ist in der Gunst der Redakteure um sieben Seiten zurück gefallen. Um Neun sind wir startklar. Die ganze Großfamilie „Busse“ steht vor der Rezeption und wünscht uns viel Glück für die Weiterfahrt und besonders mir…eine gute Gesundheit.

Der Schwarzwald...wunderschön!
Der Schwarzwald...wunderschön!

Der Bauwagen trottet knarrend und ächzend wie immer brav hinter dem Trecker her. Schon nach 500 Metern kommt uns heftig mit den Armen rudernd ein Fahrradfahrer entgegen und bedeutet uns anzuhalten. Ich kenne den Mann nicht, aber Barbara ruft plötzlich aus: „Das isser!“ „Wer, wo, was isser?“ „Na, der freundliche Besucher letztens, der aus Freiburg kommt, unsere Reise verfolgt und mir vor 14 Tagen eine Flasche „Weißen Burgunder“ aus dem Gebiet „Kaiserstuhl“ mitgebracht hat, als du in der Klinik lagst!“ Ich halte an und stelle den Trecker ab. Joachim Mahler, so heißt der freundliche Mann auf dem Rennrad , war gerade auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz an der pädagogischen Hochschule Freiburg zum Campingplatz, um uns zu besuchen. Nun sind wir aber schon auf dem Nachhauseweg und er hat Glück gehabt, uns noch einmal zu begegnen. Wir unterhalten uns kurz und fahren dann weiter. Schade! Doch wir wollen in Emailkontakt bleiben. Da wir uns am Stadtrand von Freiburg befinden, in Littenweiler, scheint es nicht kompliziert zu sein, nach Norden zu fahren. Weit gefehlt. Die Hauptstraße ist wegen des gestrigen Papstbesuches noch immer gesperrt und wir müssen nach rechts abbiegen statt nach links. Fünf Kilometer hinter Freiburg ist aber die Strecke nach Sankt Peter komplett gesperrt und wir müssen wieder nach Freiburg zurück. Doch alle Wege nach Norden führen über eine Schnellstraße, die wir als Traktoristen nicht befahren dürfen. Also Nebenwege suchen und hoffen, dass das so geht. Wieder weit gefehlt. Nach über einer Stunde Fahrt bei bestem Sonnenlicht und nachdem wir über eine steile Straße mit 11% Steigung getuckert sind, sehen wir ein Verkehrsschild, das in unsere Richtung führt: Waldkirch! Na endlich! Doch ein Warnschild lässt uns an einer Kreuzung umkehren, um den steilen Berg noch einmal zurück zu fahren. Auf dieser Strecke nach Waldkirch dürfen keine LKWS fahren und keine Fahrzeuge, die breiter sind als 2,10 Meter. Unser Bauwagen hat aber fast 2,40 Meter Breite. Pech gehabt und Zeit verloren. Doch ich habe die Ruhe weg und mische mich nicht in die Missfallensäußerungen von Barbara. Zu gerne sitze ich am Steuer unseres kleinen Zetors und spreche ihm oft, wenn’s mal Probleme gibt Mut zu.

Spitzkehren sind im Schwarzwald alltäglich
Spitzkehren sind im Schwarzwald alltäglich

Ist ja auch nur ein Lebewesen! Wir erreichen Kirchzarten, Kappeln und Schauinsland. Die Landschaft ist einmalig schön und der Schwarzwald ist jederzeit einen Abstecher wert. Über „Sagendobel“ gelangen wir für ein paar Kilometerchen auf die „Deutsche Uhrenstraße.“ Doch wie genau und angestrengt ich auch auf den Asphalt blicke, kann ich da keine Uhren liegen sehen. Vielleicht hätte ich mir die Kronen der Baumalleen besser anschauen sollen. Die sehen ja oft sehr urig aus und vielleicht hingen da die Uhren. Die Badener scheinen wenig Zeit zu haben, wenn sie unterwegs sind. So kommt es schon mal vor, dass wir von einem Genervten, der lediglich 20 Minuten hinter uns bleiben musste, den Stinkefinger gezeigt bekommen. Pfui! Dabei habe ich es zu keiner Zeit unterlassen, das Gaspedal kräftig zu treten. Einen Ortsteil, eher eine kleinere Ansiedlung will ich aber doch noch benennen, da der Name so kurios ist. Wir fahren 90 Sekunden durch „Siehdichfür.“ Ist ein Erlebnis. Völlige Ruhe, kein Kaufhaus, keine Ampel, keine Menschen. In der Nähe des Nordkaps war es auch so. Sankt Georgen, Hardt und Schramberg lassen wir auch bald hinter uns. Auch ein Hinweisschild, das auf den Ort „Lauterbach“ im Schwarzwald hinweist, erregt unser Interesse, zumal ich in Lauterbach im Vogelsberg geboren bin. Mir fällt auf, dass die Kontrollleuchte für die Lichtmaschine ab und zu während der Fahrt aufleuchtet.

Lauterbach im Schwarzwald, leider sind wir daran vorbei gefahren
Lauterbach im Schwarzwald, leider sind wir daran vorbei gefahren

In Furtwangen biegen wir zu einer Landmaschinenwerkstatt ein und lassen vom Meister nachsehen. Doch der findet nichts und wir fahren weiter Richtung Norden. Da wir heute viele Umwege fahren mussten, sind wir nicht gerade weit gekommen. Und ein Campingplatz ist erst bei „Schiltach“ wieder zu erreichen, dem sehenswerten Städtchen an der Kinzig mit dem mittelalterlichen Stadtkern. Es geht schon auf 17 Uhr zu. Sieben Stunden sind wir nun unterwegs. Fünf Stunden wollte ich fahren. Nun ja. Vor „Schiltach“ ein langgestrecktes Dorf mit zwei oder drei Kneipen. Sonst nichts Außergewöhnliches außer vielleicht dem Namen der Gemeinde. „Hinterlehengericht!“ Das sollte man sich auf der Zunge langsam zergehen lassen. Ich glaube kaum, dass ein Chinese diesen Ortsnamen flüssig aussprechen kann. Ich schon lange nicht. Der Campingplatz in Schiltach ist relativ leicht zu finden, wenn, wenn man eine gute Navigatorin auf dem linken vorderen Kotflügel sitzen hat. Sie steigt vor der Einfahrt aus und meldet uns für eine Nacht an. Der Inhaber, Hermann Brede heißt er, ist sehr bemüht um seine Gäste und weist uns einen sehr ansprechenden Stellplatz nur 10 Meter von der Kinzig entfernt an. Ein landschaftlich herrliches und gepflegtes Gelände, das bei jedem Neuankömmling das Camperherz schneller schlagen lässt. Integriert in den Campingplatz ist ein schmuckes, sauberes Restaurant, die „Rosenlaube“, mit Außenterrasse. Außerdem wird noch ein Partyservice angeboten. Eine sehr rührige Familie. Wir haben mächtig Hunger und bestellen uns erst mal einen warmen, hausgemachten Zwiebelkuchen und eine Karaffe neuen Wein. Dann bekommen wir drei Sorten hauskreierten Wurstsalat serviert, der uns alle vorangegangenen Mahlzeiten vergessen lässt. Der Wirt ist sehr aufgeschlossen und sehr hilfsbereit und schenkt uns eine Panoramakarte von einem Teil des Schwarzwaldes. Sehr nett! Auch die sanitären Anlagen sind ausgesprochen sauber und auf dem neuesten Stand der Hygienetechnik. Wir haben wieder einmal Glück gehabt mit diesem wunderschönen Stellplatz in Schiltach an der Kinzig. Hier macht Urlauben Spaß! Wir können beide diesen Platz allen Campern und solchen, die es noch werden wollen uneingeschränkt weiterempfehlen. Auch unsere nächsten Nachbarn, ein Paar von der Insel Föhr und ein Paar aus Irland sind sehr freundlich und wir haben gute Gespräche mit den Leuten. Im Halbschlaf höre ich nebenan unentwegt die Kinzig in ihrem Bett flüstern und schlafe satt und zufrieden nach unserem ersten Fahrtag nach meinem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt ein.

 

1 Kommentar zu „Deutschland – 26. September“

  1. Sehr geehrte Ochs-en !
    Sie haben – u.a. – meine Schwester (die Frau vom Paar von der Insel Föhr)getroffen und diese hat mir in ihrer Frühherbstbotschaft von Ihnen berichtet. Und da mußte ich natürlich auf Ihre hervorragende Seite gehen und erst mal eingehend lesen. Zumal ich ebenfalls ein Skandinavien- bzw. Reise-Fan bin und für meinen (Un)Ruhestand ähnliches „plane“. Vielen Dank für Ihre Weise, Europa aufzublättern, den Menschen und Landschaften teil-haftig sein zu lassen. – Ihnen weiterhin gute Fahrt – auch wenn jetzt erst mal Pause zu sein scheint.
    Herzliche Grüße
    Gerhard Tolle-Deike

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